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Haushaltsrede 2012: "Mehr Miteinander" (19.03.2012)

Veröffentlicht am 01.04.2012 in Kommunalpolitik

Sehr geehrter Herr Landrat, werte Kolleginnen und Kollegen,

die heutige Haushaltsrede für die SPD-Fraktion stelle ich nicht zufällig unter die Überschrift
„ Mehr Miteinander“

Nicht zufällig deshalb, weil die SPD im Landkreis Forchheim sich bereits seit Frühjahr 2010 mit der Initiative „Mehr Miteinander“ für mehr Zusammenhalt, mehr Solidarität engagiert, insbesondere dann, wenn es um Chancengleichheit im Bildungswesen, wenn es um die Gesundheitsversorgung im Landkreis geht, wenn es um die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden, der Landkreismetropole Forchheim, dem Landkreis selbst geht; oder auch dann, wenn der demografische Wandel zum Teil dramatische Veränderungen in ausgewählten Gemeinden bedingt.

Wir betrachten den Landkreis als eine Art Schicksalsgemeinschaft mit vielen Stärken, aber auch unübersehbaren Schwächen, aber auch als die Heimat von mehr als 110 000 Menschen, die hier gerne, zufrieden, gesichert ihre Zukunft verwirklichen wollen, nicht nur ihre eigene ,sondern auch die ihrer Kinder oder auch Enkel.

Wir gehen davon aus, dass wir in diesem Jahr gemeinsam den Weg zu einem Haushalt gefunden haben, der schwerlich mit überzeugenden Argumenten von einem verantwortungsbewußten Kommunalpolitiker abgelehnt werden kann. Und das – so meine Informationen – wäre ja schon fast ein historisches Novum; es wäre aber auch der Einstieg in ein ausschließlich sachbezogenes, verantwortliches und zukunftsorientiertes Handeln in diesem Gremium. Das ist beileibe aber kein „Schmusekurs“ zwischen den Parteien und Gruppierungen, sondern soll und wird zu noch mehr Versachlichung beitragen, um so in der hartnäckigen, politischen Diskussion zu bestmöglichen Ergebnissen für die betroffenen Bürgerinnen /Bürger zu kommen, um damit auch einen Beitrag zu weniger Politikverdrossenheit zu leisten. Wir Politiker, sei es in den Gemeinden, den Landkreisen oder Ländern, müssen durch unser Verhalten dazu beitragen, dass die wahlberechtigten Bürger zukünftig wieder engagierter, bereitwilliger ihr Wahlrecht wahrnehmen. Die Oberbürgermeisterwahlen in einigen bayerischen Städten vor einer Woche haben mit einer Wahlbeteiligung von weniger als 50 Prozent ein bedrückendes Ergebnis gezeigt; wenn der Wähler selbst dann den Weg zur Wahlurne scheut, wenn es um seine Stadt, seine Lebensqualität vor Ort geht, warum sollte er dann „aufwachen“, wenn eher theoretische Fragen zur Abstimmung anstehen? Wenn ein Bürgermeister, der im ersten Durchgang die absolute Mehrheit erreicht, tatsächlich aber nur das Vertrauen von einem Viertel der Bevölkerung erhalten hat, dann ist seine Legitimation tatsächlich eher gering. Hier müssen wir alle gegensteuern, müssen bei den Bürgerinnen/Bürgern Interesse für unsere Tätigkeit , die ja deren Schicksal betrifft, wecken, müssen vielleicht auch etwas Lebensfreude in unserer Region , Herzblut für unsere Schicksalsgemeinschaft entwickeln. Wir müssen versuchen, wie wir unsere Bürger zukünftig besser für die anstehenden Entscheidungen gewinnen können.

Die Art und Weise, wie wir im Kreisausschuß in diesem Jahr weitgehend unaufgeregt, aber doch engagiert und auch wortreich zu einem gemeinsamen Resultat gefunden haben, war aus Sicht der SPD-Fraktion sehr erfreulich. Wiederholt schon hatten wir in den letzten Jahren eine sog. „Eckwerte-Diskussion“ – bislang eher erfolglos – angeregt. In diesem Jahr haben wir eine sehr gute Fraktionssitzung Ende Januar mit der „Kämmerin“ ,Frau Stumpf, durchgeführt, haben dort vor Ort die nüchternen Zahlen hinterfragt und aus diesem Ergebnis unsere Position entwickelt und entsprechende Veränderungen des Haushaltsentwurfes beantragt. Neben dem Negativ-Saldo bei dem Ergebnis der Verwaltungstätigkeit ging es uns vornehmlich auch – wie schon in den Vorjahren - darum, dass der Landkreis auch 2012 ohne eine Nettoneuverschuldung auskommen muß. Dass dies zu Lasten angedachter Investitionen insbesondere im Tiefbaubereich gehen mußte, darüber waren wir uns im klaren. Im Interesse einer noch soliden Haushaltspolitik haben wir dies in Kauf genommen. Dass unsere „Forderungen“ nicht irreal oder gar utopisch, sondern vielmehr verantwortungsbewußt und realistisch waren, wurde uns mit dem darauf folgenden HH-Entwurf bestätigt , der weitgehend unsere Ziele mitberücksichtigte. Dass es nunmehr sogar möglich war, den weiteren Forderungen der CSU-Fraktion um Senkung der Bruttoneuverschuldung um 300 000 € nachzukommen, bestätigt das Bemühen der Landkreisverwaltung eine möglichst breite Zustimmung für den HH zu erzielen. Dass dabei Tiefbaumaßnahmen in der Fränkischen Schweiz auf der Strecke geblieben sind, hat sich wohl nicht vermeiden lassen – auch dies eine Form von „ Mehr Miteinander“. Im Nachgang sollte dann aber von keiner Seite beklagt werden, dass diese – oder auch andere Tiefbaumaßnahmen- nicht durchgeführt werden konnten.
Dieser Haushalt wird – wie der Etat in den kommenden Jahren – maßgeblich von dem „sog. Schulpaket“ bestimmt. Dieses „Schulpaket“ mit einem Investitionsaufwand von ca. 30 Mill. € wird von der SPD-Fraktion gerade auch im Hinblick auf die günstige Mittelbereitstellung im Grundsatz ohne Wenn und Aber befürwortet und unterstützt. Mag sein, dass anstehende Einzelentscheidungen die eine oder andere Diskussion notwendig machen, so gilt doch , dass wir alle hier eine Entscheidung für die Zukunft unserer Kinder und Enkel getroffen haben. Es muß uns alle zukünftig mit einigem Stolz erfüllen, wenn wir darauf verweisen können, dass unsere weiterführenden Schulen auf dem Stand der Zeit sind, dass wir unseren Kindern oder Enkeln moderne Rahmenbedingungen für eine in die Zukunft gerichtete Ausbildung und Bildung überlassen. Wir alle wissen nur zu gut, dass auch das äußere Umfeld oftmals Motivation für ein erfolgreiches Arbeiten und Lernen darstellt. Diesen Stolz darf der Kreisbürger in Obertrubach genauso nach außen tragen wie derjenige in Neunkirchen oder Forchheim , denn alle Familien im Landkreis können/ werden von diesem politischen Engagement profitieren. Mehr noch als die neuausgebaute Kreisstraße XY ist diese Investition ins „Schulpaket“ ein klassisches Umsetzen der Idee „ Mehr Miteinander“.
Dass auch der Bau des Obstbauentwicklungszentrums in Hiltpoltstein – obwohl natürlich keine Pflichtaufgabe – in diesem Jahr in Angriff genommen wird , wird von uns nachhaltig begrüßt, ist doch diese Einrichtung ebenso wie der Wildpark in Hundshaupten - hier sind wir im kommenden Jahr vorbehaltlich der HH-Situation durchaus zu weiteren Investitionen bereit - nicht nur ein Alleinstellungsmerkmal, sondern darüberhinaus ein nicht unbedeutender Stern auf der Visitenkarte des Landkreises, sorgt doch die Arbeit in diesem Obstbauzentrum dafür, dass die Fränkische Schweiz im Bewußtsein auch der ausländischen Besucher einen besonderen Stellenwert erfährt.
Ich selbst bedauere in diesem Zusammenhang, dass, als es nach Auflösung des Landkreises Ebermannstadt um die neue Bezeichnung des nunmehr großen Landkreises ging, sich die Bezeichnung „Landkreis Forchheim – Fränkische Schweiz“ nicht durchgesetzt hat. Mit dem touristischen Qualitätsbegriff „Fränkische Schweiz“ hätten wir so – nicht nur auf zahllosen Autokennzeichen, sondern auch im Bewußtsein aller Deutschen nachdrücklich werben können. Vielleicht läßt sich das „ FFS“ ( Forchheim Fränkische Schweiz ) auf den Autokennzeichen doch irgendwann verwirklichen. Bislang ist diese Buchstabenfolge jedenfalls noch nicht vergeben.

Etwas „Mehr Miteinander“ haben wir im letzten Jahr auch im Bereich der Gesundheitsversorgung durch den Beitritt auch des Landkreises und der Klinik Fränkische Schweiz zum Medizinischen Versorgungszentrum Bamberg erreicht. Diese Entscheidung war auch innerhalb unserer Fraktion „eine schwere Geburt“ oder um im Bild zu bleiben, haben wir uns während der wohl mehr als neun Monate währenden „Risikoschwangerschaft“ wiederholt auch mit „Abtreibungsgedanken“ geplagt, ehe dann der engagierte Geburtshelfer in Person von Oberbürgermeister Stumpf unsere Bedenken zerstreut hat. Wir gehen davon aus, dass wir hier letztlich den Standort des Forchheimer Krankenhauses deutlich gestärkt, den Standort der Klinik Fränkische Schweiz sicherlich nicht geschwächt, aber Weichen gestellt haben, dass zukünftig die Zusammenarbeit der beiden im Landkreis gelegenen Kliniken gefördert, gestärkt werden kann. Darüberhinaus liegt es dann auch in der Verantwortung des MVZ bei Bedarf, aktiv zu werden, um die hausärztliche Versorgung in der Fränkischen Schweiz sicherzustellen.

Positiv anzumerken bleibt auch, dass sich der Landkreis mit einem Teil der Personalkosten an der Bestellung eines gemeindlichen Jugendpflegers beteiligt. Schade nur, dass hier noch zu wenige Gemeinden von diesem Angebot überhaupt Gebrauch machen. Denn, dass mit der Jugendpflege vor Ort positive Weichen für die Entwicklung gefährdeter Jugendlicher gestellt werden können, bedarf keiner besonderen Kenntnisse; letztlich sind dies sicherlich auch Investitionen ,die sich nachhaltig rechnen.

Optimistisch sind wir seitens der SPD-Fraktion auch, dass die ursprünglich angedachte Einsparung bei der jährlichen Grüngutsammlung nun doch nicht zum Tragen kommt. Wir betrachten diese bislang durchgeführte Aktion als eine sehr sinnvolle Service-Leistung gerade gegenüber älteren Menschen, die selbst außer Stande sind, den Grünschnitt aus dem eigenen Garten zu den Wertstoffhöfen zu bringen. Eine Dienstleistung, die über die Gebühren finanziert wird, und unseren Landkreis im Bewußtsein seiner Bürger durchaus aufwertet.

Noch „Mehr Miteinander“ können wir uns im Bereich des ÖPNV vorstellen. Sicherlich ist hier das finanzielle Engagement des Landkreises schon erfreulich hoch, gelingt es immer wieder auch Linien noch nutzerfreundlicher zu gestalten. Allerdings im Bereich der Fränkischen Schweiz – hier kann ich gerade den Bereich Gößweinstein / Wichsenstein konkret ansprechen – gibt es unverändert deutliche Defizite, die allein schon den Arzt-/Krankenhausbesuch in Ebermannstadt und erst recht in Forchheim zu einer „unendlichen Geschichte“ werden lassen.

Das Thema „Energiewende“ wird uns zusammen mit dem Klimaschutzkonzept noch viele Jahre beschäftigen. Mit dem von allen Parteien geforderten Ausstieg aus der Atomenergie muß nun das Thema „regenerative Energie“ insbesondere das Thema „Windkraftanlagen“ völlig vorurteilsfrei diskutiert werden. Unangemessen war die flapsige Bemerkung von Kollegen Eismann, der vor einigen Wochen den Bevölkerungsschwund in den Landkreisen Hof oder Wunsiedel damit begründete, dass die Bürger ihre „Spargellandschaft“ verlassen wollten. Wir können nicht gesunde Windenergie wollen, aber die notwendigen Windkraftanlagen unisono ablehnen, uns letztlich aus dem Energieangebot der „Spargellandschaft“ nur bedienen. Wenn man in München offenbar die Urlaubsregion Oberbayern / Allgäu zum Sperrgebiet für Windkraftanlagen erklären will, dann hat dies mit „Mehr Miteinander“ nichts zu tun; auch wir im Landkreis Forchheim müssen diese Diskussion ehrlich, offen und vorurteilsfrei führen.

Nicht unbedingt vom Solidargedanken „Mehr Miteinander“ geprägt ist die lautstarke Forderung der bayerischen Staatsregierung nach einem schuldenfreien Staats-Haushalt bis 2030, wenn man sich gleichzeitig keine ernsthaften Gedanken über die hohe Verschuldung der Kommunen und Landkreise macht. Dass diese Politik auch zu Lasten der Gemeinden gehen muß, ergibt sich schon daraus, dass auch in diesem Jahr trotz Rückgangs der Umlagekraft die Ausgaben für die soziale Sicherung weiter dramatisch angestiegen sind. Trotz Rückgangs der Umlagekraft hat die gestiegene Bezirksumlage eine Ausgabensteigerung um mehr als eine Million Euro auf nunmehr 16 557.900 € nach sich gezogen. Hier ist im Interesse der Städte und Landkreise an eine Umfinanzierung der Kosten der sozialen Sicherung zu denken.
Bedauerlich auch , dass die Breitbandkabel -Förderung eingestellt wurde, dass sich hier die Benachteiligung des ländlichen Raums offensichtlich weiter verstetigt.

Ein weiteres Thema sollte und wird uns zukünftig stark beschäftigen. Bedingt durch die demografische Entwicklung und den immer stärker ausgeprägten Wunsch der älteren Generation „ daheim alt zu werden“ müssen wir uns darum bemühen, dass in den Gemeinden die Voraussetzungen geschaffen werden, dass dieser berechtigte Anspruch der Bürger auch zu verwirklichen ist. Erfreuliche Modelle hierzu gibt es bereits in der Marktgemeinde Heroldsbach mit der gemeinnützigen Genossenschaft „ Wir für uns“.Hier kann und wird der Landkreis Hilfestellung leisten, kann vielleicht Rahmenbedingungen schaffen, jedenfalls fördern. Die Aktualisierung des Altenhilfeplans, die nach dem zweitägigen Workshop im vergangenen Jahr nunmehr ansteht, soll ja demnächst umgesetzt werden. Auch hier werden / wollen wir uns aktiv mit einbringen.

Sehr geehrter Herr Landrat, werte Kolleginnen und Kollegen, Sie mögen überrascht, ja vielleicht enttäuscht sein, dass ich in diesem Jahr in der HH-Rede für die SPD-Fraktion nicht Kritik an bestimmten Haushaltszahlen geübt, nicht bestimmte Investitionen gefordert oder andere „verteufelt“ habe. Natürlich könnte man zu der einen oder anderen Zahl im Etat eine andere Meinung haben, aber auch hier gilt für uns, dass wir keinen Absolutheitsanspruch geltend machen, sondern fränkisch einfach unsere Zustimmung zu dem Grundkonzept mit einem schlichten bescheidenen „ Bassd scho“ bekunden.
Vielleicht gelingt es ja zukünftig , dass wir uns alle in der unverändert streitigen, offenen Debatte dann doch auf ein „Mehr Miteinander“ verständigen. Vielleicht steigt dann auch die Wahlbeteiligung wieder, vielleicht finden auch wieder mehr junge Leute Interesse an Kommunalpolitik, vielleicht entwickelt sich dann auch so etwas wie Bürgerstolz in der Kreisregion, vielleicht wird dann aus der Schicksalsgemeinschaft sogar eine Art Glücksgemeinschaft. Visionen sind nicht verboten !
Ich bedanke mich zum Schluß bei den Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern der Verwaltung für die stets offene, freundliche Zusammenarbeit, insbesondere bei Frau Stumpf für die charmante Einführung in den doppischen Haushalt, aber auch bei Ihnen, sehr geehrter Herr Landrat, für die faire Zusammenarbeit. Den Kolleginnen und Kollegen des Kreistages danke ich ,dass sie dieser „ anderen Haushaltsrede“ so lange aufmerksam zugehört haben. Ich schließe damit, dass ich uns „Mehr Miteinander“ wünsche.

Jürgen Kränzlein
(SPD-Kreistagsfraktion, 19.03.2012)

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